Als ich der Vertretungsärztin gegenüber saß und mein Problem schilderte, bat sie mich resolut auf die Liege an den Ultraschall. „Eindeutig eine Zyste. Beobachten wir“ und so schnell wie die Behandlung losging, war sie auch wieder vorbei.
Bis heute weiß ich nicht, warum ich am Fahrstuhl wieder kehrt machte, um bei meinem Gynäkologen einen neuen Termin zu machen. Diese Sache mit den Zysten war für mich erstmal nicht unwahrscheinlich. Ich meine, schließlich hatte ich im Unterleib eine Menge davon. Seit Monaten tat ich nichts anderes, als sie beobachten zu lassen.
Zwei Tage später lag ich wieder auf der Liege am Ultraschall. Diesmal hatte ich mir eine günstigere Blusenfarbe ausgesucht. Als Mutter ist man erprobt, wie man mögliche Flecken verschwinden lässt. Dieses Mal war das Gesicht meines Gynäkologen gar nicht mehr so pokerhaft. Diese runzelige Stirn sah mehr nach einem verlorenen Match aus, aber ich überbrückte die Zeit mit lässigem Smalltalk, ohne dass mein Blick von den Stirnfalten abließ. „Es ist keine Zyste. Es ist durchblutet. Das spricht für einen Tumor“ Stille im Behandlungsraum. „Ob er gut- oder bösartig ist, müssen wir im nächsten Schritt testen“. Sein Blick strahlte Zuversicht aus- und gleichzeitig Sorge.
Die kommenden Wochen telefonierte ich mir die Finger wund. Meine Hausärztin ordnete ein MRT an. Habt ihr mal versucht in einer Großstadt zeitnah einen Facharzttermin zu ergattern? „Im Feburar“, seufzten die Arzthelferinnen ins Telefon. Ich war wütend, rief die Krankenkasse an und hatte in der kommenden Woche meinen Termin zum MRT.
Einerseits hätte ich mir diesen Termin sparen können, denn es bildete nur ab, was ich schon wusste. Es zeigte einen Tumor, nicht aber, ob es tatsächlich Krebs war. Ich wurde noch zur Mammographie und zum Ultraschall geschickt- und obwohl ich mit den Nerven am Ende war, stieß ich hier auf einen Arzt, der mich verstand. Sofort nahm er eine Stanzbiospie und schickte sie per Express ins Labor.
Wir besprachen kurz, dass wir das Ergebnis telefonisch besprechen würden. Ich war mir sicher, dass es kein Krebs sein konnte. Niemand aus meiner Familie war an Krebs erkrankt. Deshalb war ich einverstanden- ich hatte ohnehin keine große Lust nochmal in die Praxis zu gehen. Schließlich hatte ich noch hunderttausend Dinge zu tun.
An diesem Tage führte ich das schrecklichste Telefonat meines Lebens.
„Mir wäre es wirklich lieber, wenn sie zur Befundbesprechung in die Praxis kämen“, begann das Gespräch.
„Ist es Krebs?“, fragte ich direkt.
„Der Pathologe hat Auffälligkeiten entdeckt, die ich gern besprechen würde…. wenn Sie vielleicht nachher noch Zeit haben….“
„Ist es Krebs?“ Fragte ich nochmal nachdrücklicher.
Er erklärte mir noch einige Fachbegriffe, die ich geistesabwesend mitschrieb und auflegte.
Wie war das möglich? Ich fühlte mich nicht krank. Aber von einer Sekunde auf die nächste war ich es.
Ich hatte Krebs.
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