Ich möchte euch heute Merle vorstellen. Merle ist wie ich, eine Möwin und eine von mir sehr geschätzte Wegbegleiterin.
Merle führt uns auf Instagram durch ihr Leben vor-, mit-, und ohne Krebs.
Ich bin ein paar Monate später als Merle diagnostiziert worden.
Während ich noch zwischen Ohnmacht und Verzweiflung stand, beeindruckte sie mich mit einer Lebenseinstellung, die seinesgleichen sucht. Mit Humor gegen Tumor- würde ich platt sagen. Merles Account besticht vor allem durch ihre einmaligen Lookalikes, die sie während ihrer Erkrankung machte. Es ist mir eine Riesen-Freude, dass sie heute mit mir schnackt.
Merle, wie lange liegt deine Erkrankung zurück?
Meine Erkrankung bzw. die Diagnose liegt jetzt 14 Monate zurück, meine letzte Chemo war vor 7 Monaten und die abschließende OP vor 7 Monaten.
Du hast vorher viel Sport gemacht. Wie hat sich dein Körper während der Erkrankung verändert und wie kamst du damit zurecht?
Ich habe vorher Gewichtstraining gemacht, ich wollte sichtbare Muskeln, straff sein und vor allem meine Gelenke durch Muskulatur optimal unterstützen, da ich das ein oder andere Problem habe.
Während der Chemotherapie bin ich fast jeden Tag spazieren gegangen. Oft qualvoll langsam, manchmal nur wenige Minuten. Aber ich habe das durchgezogen. Bis auf 6 Tage! (und da lag ich im Krankenhaus ;-))
Trotzdem ist mein Körper natürlich stark gealtert, 8kg plus, schlaffes Bindegewebe, verlorene Muskeln. Ich hatte unglaubliche Gelenkschmerzen, vor allem in den Füßen und Schultern.
Ich habe mich in meinem Körper nicht mehr zu Hause gefühlt.
Es war nicht nur die Optik (auch die, da muss man schon ehrlich sein).
Wie hat deine Familie auf deine Erkrankung reagiert?
Da war alles dabei. Gefasst, schockiert, distanziert, hilflos.
Gab es einen Schlüsselmoment zwischen Diagnose und Genesung für dich?
Ja, das war der Tod vom @kimspiriert. Das hat mich so umgehauen, ich war wie betäubt, wie ferngesteuert. Voller Angst. Ich war nicht in der Lage, mich richtig mit meiner Tochter zu beschäftigen, obwohl es eigentlich ein guter, also nebenwirkungsarmer Tag war.
Am Abend habe ich beschlossen: das geht nicht.
Der Krebs und vor allem die Angst vor dem Krebs darf mich nicht so bestimmen, dass es mir unmöglich macht schöne Momente, oder das Leben allgemein zu genießen.
Dann hat er gewonnen, egal, ob ich letztendlich an ihm sterbe, oder überlebe.
Das funktionierte tatsächlich ganz gut.
Es gibt eine große Vielfalt sich auszutauschen. Was war dein Weg und warum?
Ich habe mich „anonym“ auf Instagram nach Betroffenen umgesehen und mir da alles ungefiltert von der Seele geschrieben. Mit Außenstehenden war es für mich schwer, mich auszutauschen und eine Selbsthilfegruppe kam für mich nicht in Frage. Familie und Freunde haben erst nach der Therapie erfahren, dass ich auf Instagram aktiv bin.
Du bist eine „Amazone“.
Die betroffene Brust wurde dir abgenommen. Wie geht es dir damit?
Ganz ehrlich- total gut. Ich bin zu 95% ohne Prothese unterwegs und ich fühle mich damit „befreit“. Es fällt jetzt nur noch mehr auf, dass die andere auch nicht mehr wirklich in Topform ist 🙂
Mein erster Schwimmbadbesuch (ohne Prothese) war aber schon eine Sensation- für die anderen Besucher.
Zumindest ließen die Blicke darauf schließen. Aber mein Fell wird da sicher noch dicker.
Was war dein traurigster Moment?
Puh…. es gab viele. Viele Tränen über die Geschichten und Schicksale anderer Frauen, besonders derer, die zu Freundinnen geworden sind, aber auch das eigene.
Aber ich glaube das war der Tag, an dem meine Tochter mit mir spielen wollte, es mir wirklich schlecht ging und sie mir ein „Du bist so gemein, nie willst DU mit mir spielen“ entgegenschleuderte. Es machte mir so bewusst, was ich ihr und meiner Umwelt mit der Erkrankung „zumute“.
Es zeigte mir so deutlich meine physischen Grenzen, meine Trauer darüber, was ich ihr „antue“.
Man ist ja nicht schuld an der Misere, aber man wünscht seinem Kind einfach eine unbeschwerte Kindheit (mit anderen Gründen, aus denen man mal nicht mit ihnen spielt ;-))
Was bedeutete damals „Selbstverständlichkeit“ für dich, was bedeutet es heute?
Nichts war und ist selbstverständlich.
Zurück ins Leben- was möchtest du den Brustkrebspatientinnen mit auf den Weg geben?
Ich wünsche jedem, dass er die richtige Mischung aus Geduld, „sich selbst in den Hintern treten“, Liebe zum Leben, offenen Augen für die „Selbstverständlichkeiten“ und einer sehr deutlichen Verweigerung an die Angst findet.
Was möchtest du unbedingt noch machen?
Mein Kind groß werden sehen. Dann bin ich wunschlos glücklich.
Oh, und bald wieder ein Möwinnentreffen! Ganz, ganz dringend!
Liebe Paulina. Du machst das, was Du besonders gut kannst. Mit Deinem Leben – ungefiltert und glaubwürdig – anderen Mut machen! Du bist eine Wegbereiterin und LebensHeldin! Noch dazu bist Du total authentisch und eine tolle Frau. Ich bin stolz Dich zu kennen und freue mich schon jetzt, Dich ganz bald einmal wieder in meine Arme schließen zu können. Außerdem höre ich auch auf, mir um Dich Sorgen zu machen. Du wirst ganz bald für all Deine Sorgen und Ängste belohnt und Du wirst gesund! Ich bin mir da sehr sehr sicher!!!!!!! Deine Jana
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Liebe Jana,
das hast du so schön gesagt. Vielen Dank, dass du das sagst. Zwischen „Angst machen“ und „Mut machen“ liegt bei diesem Thema ein schmaler Grad. Natürlich möchte ich Mut machen- und ich danke dir für dein Feedback :-*
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