Monatsrückblicke

2018 März Blick nach vorn

Je mobiler ich würde und je mehr ich wieder am realen Leben teilnehmen durfte, desto bester ging es mir.

Ich hatte noch Krebs und steckte mitten in einer Chemotherapie, aber ich fühlte mich nicht immer so.

Ab jetzt verlagerten sich die Probleme. Ich taufte sie die „Luxusprobleme“ und hieß sie in meinem Leben herzlich willkommen. Und das meine ich nicht nur so. Ich freute mich über die Alltagsproblemchen, denn sie zeigten mir, dass das Leben in der Gegenwart spielte und die Zukunft für jeden von uns ungewiss ist.
Unabhängig jeglicher Erkrankungen.
Dass man sich den Kopf nicht jetzt zerbrechen sollte, wenn man nicht weiß, was einen erwartet. Sorgen konnte man sich machen, wenn das Problem wieder akut werden würde. Momentan tat ich aber alles, was in meiner Macht stand- und es ging mir gut dabei. Und so frisierte ich meine immer dichter werdende Haarpracht, beäugte meinen Jeansknopf, der immer schwieriger zu ging, bemalte Ostereier mit meinem Sohn und störte mich immer mehr an meiner Brust.

Warum? Durch die Operation und das Abschwellen deformierte sie sich und war halb so groß wie die linke. Ich überlegte, was ich machen konnte. Eigentlich wollte ich, wenn ich schon eine neue Operation durchführen musste, eine Verkleinerung beider Brüste bevorzugen.

Nicht ausschließlich aus ästhetischen Gründen. Meine Brust war ziemlich groß. Meinen Tumor habe ich mit 2,5cm erst ertastet, aber nur, weil er ziemlich weit außen lag. In der linken Brust hatte ich ein Fibroadenom, ein gutartiges Geschwulst. Es war genauso groß wie der Tumor, aber für mich nicht tastbar. Es wurde erst bei der Mammographie entdeckt- ein Zufallsbefund.

Bei Brustkrebs, das habe ich gelernt, geht es viel um Selbstachtsamkeit. Mein Tumor war sehr aggressiv und auch die Rückfallquote ist relativ hoch. Ich konnte mir nicht vorstellen, die große Brust zu behalten und ständig zum Arzt zu laufen, weil ich das Gefühl hatte, dass wieder etwas nicht stimmt. Oder schlimmer: Nicht zum Arzt zu laufen, weil man das Gefühl hätte, alles sei in Ordnung.

Die Krankenkassen sehen das völlig anders. Meine Brust sei austherapiert. Ich sollte die Chemo beenden und zum regulären Nachsorgeterminen gehen. Wenn das nicht ausreichte, könnte ich ja eine psychosomatische Therapie in Anspruch nehmen. Besten Dank!

Auf Anraten einer Ärztin versuchte ich noch eine Sache: ich sollte einen Orthopäden aufsuchen, der mir eine Befürwortung für mein Vorgehen bescheinigen sollte. Schließlich habe der Größenunterschied durch den Gewichtsunzerachied auch orthopädische Auswirkungen.

Der erste Besuch bei irgendeinem Orthopäden meiner Wahl war nüchtern. Er würde mir keine Befürwortung ausstellen. Es gäbe ja auch Menschen mit nur einem Arm, und die könnten sich nicht einfach zwei neue „ranoperieren“. Abgesehen davon, dass ich erschüttert war, soll diese Anekdote zeigen, dass man auf seinem Wege nicht immer alle Mediziner auf seiner Seite hat. Und dass man hartnäckig sein sollte. Ich finde auch, dass man dann auch aussprechen darf, dass man sich nicht gut betreut und ernst genommen fühlt. Jawohl!

Auf Empfehlung fand ich einen Orthopäden, der mich ernst nahm und mein Problem von sich aus erkannte und mir entsprechendes Gutachten schrieb.

Mit diesem Schreiben ging ich zu einem plastisch-ontologischen Spezialisten.
Er beeindruckte mich deshalb, weil er die Schnitt- und Narbengebung den Bedürfnissen in Hinblick auf die Nachsorge berücksichtigte. Ich hatte eigentlich damit gerechnet, dass ich Implantate bekäme. Aber er überzeugte mich, es nicht zu tun. So große Implantate, die meiner Brust entsprächen (85H), würde er mir nicht einsetzen, weil sie zu groß und zu schwer seien. Kleinere würden dazu führen, dass er mir durch die Straffung und der Versorgung der Brustwarze durch bestimmte Aterien nicht gewährleisten könne, dass die Brustwarze erhalten bliebe. Eine „blinde“ aber straffe Brust war für mich allerdings kein Kompromiss (Das Problem mit den Brustwarzen hatte eine bestimmte Prominente nämlich auch…). Der neue Plan: er würde mir das Brustdrüsengewebe der rechten Brust entfernen und aus des der linken Brust auch meine Rechte modellieren. „Aus zwei mach einen“ sozusagen. Mir gefiel die Idee, denn dann bekäme ich zwei gesunde, natürliche Brüste mit Gefühl, müsste mich nicht um Implantatswechsel kümmern und die Brust hätte eine Größe, bei der ich Veränderungen gut um Blick hätte. Außerdem müsste ich nicht bestrahlt werden.

Der Haken? Die Krankenkasse. Aber der Arzt versprach mir, sich darum zu kümmern. „Sie haben jetzt ganz andere Probleme, als sich mit den Krankenkassen zu streiten- überlassen Sie mir das.“ Er versprach mir außerdem, dass ich auf keinen Kosten sitzen bliebe. Die Operation würden wir gemeinsam durchziehen.

Was für Worte- ich war ergriffen. Gerührt und sehr, sehr erleichtert.

Die OP war für den 14.06.2018 angesetzt. Den Termin markierte ich mir dick im Kalender und kringelte ihn rot ein. An diesem Tag wäre mein Krebskampf zu Ende gewesen. Und er war so greifbar! Es war ein wahnsinns-Ansporn für mich die nächsten Chemositzungen zu ertragen.

Es näherte sich das Osterfest und im Sommer, da wäre ich gesund! Durch den. April ging ich deshalb wie auf Wolken.

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