Monatsrückblicke

2018 April Ein weiterer Rückschlag

Die Chemotherapien vertrug ich weiterhin gut. Meine rechte und operierte Brust veränderte sich ständig. Oft musste noch Wundflüssigkeit punktiert werden, und die Hitze und die Chemotherapie führten dazu, dass die Wunde zwar heilte, aber nicht so richtig zur Ruhe kam. So kam es, dass ich am 09.04.2018 nochmal zur Wundkontrolle fuhr. Es wurde ein ausführlicher Ultraschall gemacht, aber die Wundflüssigkeit, die sich gebildet hatte, konnte der Körper selbst abbauen. Es war alles in Ordnung und ich kam um eine Punktion herum. Die taten zwar nicht weh, aber sie waren sehr unangenehm. Glücklich und zufrieden alle Punktionen überstanden zu haben, ging ich nach Hause.

Ich wurde etwas melancholisch. Einige meiner „Busenfreundinnen“ hatten gerade ihre Chemos beendet und standen kurz vor der OP-Planung. Für sie stand das Ende und der „Sommer mit wallenden Haaren am Strand“ kurz bevor. Ich fühlte mich ein bisschen wie die letze im Rennen, und die Zeit zog sich, aber ich versuchte das Beste daraus zu machen. Ich plante eine „After-Chemo-Party“, in Flipflops wollte ich die anstrengende Zeit und das letzte halbe Jahr einfach mit Freunden und Familie wegtanzen. Ich freute mich darauf und stürzte mich in die Planung.

Ende April sah ich, dass ich innerhalb kurzer Zeit viel Gewicht verlor. Ich freute mich, denn ich hatte eigentlich nichts dafür getan. Ich schob das auf die Medikation, den Stoffwechsel oder eben die Vorfreude, alles bald geschafft zu haben.

Kurz vor meiner 10/12 Chemo dieser Therapie kam heraus, dass meine Blutwerte schlecht waren und die Chemo auf der Kippe stand. Aber ich beschloss, das wir die Chemo trotzdem machen würden. Für die Blutwerte gab es eine Spritze mit, die die weißen Blutkörperchen ankurbeln würde. Das ist nicht angenehm, denn es führte zu wahnsinnigen Knochenschmerzen, aber es war mir wichtig und so würde ich in den sauren Apfel beißen. Ich bekam die Chemo und am kommenden Tag, war ich eigentlich noch ziemlich fit. Wir verbrachten den Tag im Garten und genossen das schöne Wetter, mähten Rasen, planten Blumenbeete und schlossen den Gartenarbeitstag mit einem gemeinsamen Grillen mit Freunden ab.

Abends, an diesem Abend am 27.04.2018 brachte ich meinen Sohn ins Bett. Ich liebte das. Diese schmutzigen kleinen Füße zu schrubben und im Bett eine Geschichte zu lesen. Wir erzählten uns schöne Dinge und fingen an, unsere Lieblingsgeschichte zu lesen. Als die Hälfte der Geschichte gelesen war, kuschelten wir uns etwas enger zusammen (ein Indiz dafür, dass es bald ans Einschlafen ging). Ich wollte meinen Kompressions-BH etwas zurechtzuckeln, strich an meiner Brust entlang und entdeckte es. Das Rezidiv. Es war mir sofort glasklar. Es war keine Wundflüssigkeit, keine hatte Stelle. Es fühlte sich an, wie damals im Oktober. Flashback.

Aber was tun? Es war Freitag Abend.

Ich las die Geschichte mit einem Kloß im Hals zu Ende. Mein Sohn war eingeschlafen und ich schlich mich schnell hinaus ins Wohnzimmer. Ich musste mir noch die Spritze für die Blutwerte setzen. Etwa eine halbe Stunde später lag ich mit Schüttelfrost und Fieber im Bett.

Ich bat meinen Mann, den ärztlichen Notdienst zu rufen. Mir war fast klar, dass er mich ins Krankenhaus einweisen würde und eigentlich hatte ich auch nichts dagegen- ich wusste, dass am Samstag eine Senologin (Brustfachärztin) im Hause sein würde, um die Visite der operierten Frauen durchzuführen.

Es kam wie es kommen sollte. Ich wurde über die Notaufnahme eingewiesen und am kommenden Tag wurde ich untersucht. Mir wurde erst gar keine Hoffnung gemacht. Es war ein Rezidiv, das zur Sicherheit nochmal gestanzt werden sollte. Geschätzte Größe: 2,5 cm.

Die Chemotherapie hatte keine Wirkung gezeigt. Wieder eine Chemotherapie, die nicht geholfen hatte. Ehrlich. Ich war am Boden zerstört. Wie schnell war dieser Tumor gewachsen?!? Aus dem Nichts quasi. Was sollte ich jetzt tun? Hatte ich Metastasen? Gab es einen Plan C?

Da ich nun so lange ohne wirkende Therapie war, hatte ich wahnsinnige Angst davor, dass der Krebs gestreut haben könnte. Ich selbst war davon überzeugt, dass ich nur noch drei Wochen zu leben hatte. Ich wusste, dass wenn der Krebs gestreut hatte- dass es schnell gehen würde. Der Tod. Ich führte mit meiner Ärztin darüber ein sehr offenes und ernstes Gespräch.

Zum ersten Mal wurde mir klar, dass die „wir machen Sie gesund!“-Stimmen leiser wurden und langsam abebbten. Niemand sagte mir mehr „du schaffst das!“ oder „bleib positiv“ oder „bald sind wir doch am Strand und feiern den Sieg gegen den Krebs“.

Ich wusste, dass ich wieder am Anfang stehe. Und wie beim ersten Mal, mit einer vollen Buchse Angst und mindestens genauso viel Hoffnung im Gepäck.

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