Ich rede nicht um den heißen Brei herum. Ich mag Helloween nicht, ich finde es ist kein schönes Fest und ich bin sehr traurig darüber, dass der St. Martins-Tag im Schatten von Helloween steht.
Mein Sohn kennt Helloween noch nicht, wir haben ihn nicht heiß darauf gemacht. Wohl aber auf unser Alternativprogramm- wir wollten heute schön (und verkleidet) ins Kino gehen. In diesem Kino ist dann etwas wunderbares passiert.
Ende Oktober 2017 ertastete ich diesen Knoten, von dem ich noch bis zum Schluss dachte, er wäre eine Zyste. Selbst als ich schon mitten in der Behandlung war, hoffte ich, dass es an der Türe schellt und das Brustzentrum samt aller Onkologen mit einem riesigen Blumenstrauß vor mir stehen würden und sich dafür entschuldigen, dass sie sich geirrt haben.
All das ist nicht passiert. Ich hatte tatsächlich Krebs.
Den pinken. Mit der Schleife.
Dieser Krebs brachte so viel mit sich. Es war, als hätte jemand auf den „Pause“-Knopf des Lebens gedrückt. Ängste, Trauer, Wut, Zweifel, viel Traurigkeit. Als ich dachte, ich wäre schon am Ziel- schlug er mit aller Macht nochmal zurück. Verzweiflung und noch mehr Ängste.
Immer weniger erkannte ich mich im Spiegel. Geschoren und kahl, mit aufgedunsenem Gesicht und später auch mit abgemagertem-.
Mit Haut- durchsichtig wie Papier.
Eines Tages fehlte meine Brust und an anderen Tagen war ich verbrannt bis auf die Knochen.
Es blieb mir trotzdem nichts anderes übrig, als die kranke und alte Frau im Spiegel mit einem Lächeln zu grüßen- aber erkannt habe ich mich nie in ihr, sie wurde mir immer fremder.
Leicht ist es mir nie gefallen.
Im Spiegel war immer der Krebs. Immer.
Heute waren wir also im Kino. Ich lief mit meinem Sohn an der Hand an einer Spiegelwand vorbei. Im Augenwinkel sah ich mein Spiegelbild. Es war, als hätte ich eine alte Freundin nach langer Zeit zufällig in einer Menschenmenge entdeckt.
Ich musste stehen bleiben, mir in die Augen gucken. Ich starrte mich förmlich an.
„Da bist du ja wieder!“, dachte ich und meinte mich selbst, denn im Spiegel war ich- kein Krebs, keine Geschichte, sondern nur ich selbst.
Ich habe mich so sehr vermisst und lange nicht geglaubt, dass dieser Moment so bewusst wiederkommt. Und so unerwartet.
Da war ich also wieder.
Wahnsinn! Liebe Menschen da draußen, so fühlt sich wohl das echte Glück an!
Ich mache noch bis Ende Dezember meine Chemotherapie, und erstmals macht die Hoffnung der Zuversicht platz.
Ich werde es schaffen.
Paulina.
Schön, dass du wieder Platz in meinem Spiegel hast.